Darren McGarvey schreibt sich in “Armutssafari. Von der Wut der abgehängten Unterschicht” ein Statement von der Seele, das einen durch seine Authentizität und Intensität sofort in den Bann schlägt. Denn McGarvey, der selbst in schwierigen und, wie es so schön heißt, sozial schwachen Kreisen in einer Brennpunktsiedlung vor den Türen Glasgows aufgewachsen ist, weiß, wovon er spricht, wenn er von der “Unterschicht” oder den “Abgehängten” erzählt. In jedem seiner Kapitel beschäftigt er sich mit einem anderem Thema, wie wirklichkeitsfremdem Schulunterricht, alkoholisierten Eltern, jugendlicher Gewaltbereitschaft oder dem allgegenwärtigen Zwang zur Coolness.
Und er erzählt es aus den eigenen Erfahrungen von Frust und Langeweile. Doch McGarvey war ein wenig anders als die anderen Jungs – er zog irgendwann Schlussfolgerungen aus dem eigenen Erleben und überlegte sich Perspektiven und Lösungsansätze. Obwohl er selbst kurz vor der Obdachlosigkeit stand und auf eine langjährige Drogenkarriere zurückblicken kann, schaffte er den Sprung zum Rapper, DJ und Radiomoderator.
Dennoch ist sein Buch alles andere als eine autobiografische Erfolgsstory, sondern vielmehr eine sehr persönliche, kritische und auch politische Auseinandersetzung mit der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Englands seit dem Beginn der neoliberalen Ära in den 1980er Jahren. Dabei setzt er sich, ähnlich wie Edouard Louis oder Didier Eribon in Frankreich, auch mit der politischen Linken auseinander, die sich nach seiner Einschätzung immer weiter von ihrer eigenen Klientel entfernt und wichtige Entwicklungen völlig verschlafen hat. “Armutssafari. Von der Wut der abgehängten Unterschicht” stand in Großbritannien lange Zeit in den Bestsellerlisten und wurde mit dem Orwell Prize 2018 ausgezeichnet.