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Rezensionen zu
Roboterland

Jenny Kleeman

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€ 15,99 [D] inkl. MwSt. | € 15,99 [A] | CHF 23,00* (* empf. VK-Preis)

Lebensechte Sexroboter mit KI, Chicken Nuggets aus der Petrischale, Babys aus Plastikbeuteln und Selbstmordmaschinen aus dem 3D Drucker. Technischen Innovationen dieser Art sollen in Zukunft eine immer größere Rolle für den Menschen spielen und können Grundlegendes verändern. Die Journalistin Jenny Kleemann geht diesen Innovationen mit einer kritischen Grundhaltung auf die Spur und spricht mit den Menschen, die hinter ihnen stehen. Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt, die sich jeweils einem der Themenbereiche widmen und einen detaillierten Einblick in den aktuellen Entwicklungsstand, das Potential und die Gefahren dieser neuen Techniken. Sie spricht dazu sowohl deren mit Gründer:innen als auch mit den Nutzer:innen, im Fall der Sexroboter spricht sie sogar mit ihnen selbst. Inhaltlich ist das Buch wirklich sehr stark vollgepackt, ich konnte es daher auch nicht am Stück lesen, sondern nur sehr langsam und mit längeren Pausen. In jedem einzelnen Kapitel werden so viele Daten und Fakten, dass das Lesen auf lange Zeit etwas ermüdend sein, auch weil die Kapitel ziemlich lang und komplex sind. Durch die Themen und den Wechsel zwischen Interviews, Daten und Meinung, bleibt das Buch in seinem Schreibstil zwar spannend aber in der Länge und Informationsdichte wird es für mich an manchen Stellen sehr langatmig. Was mich erstmal grundsätzlich angesprochen hat, ist die kritische Haltung, mit der die Autorin an die Dinge herangeht und die Fragen, die sie stellt. Sie bringt die feministische Debatte in eine männerdominierte Branche, die im Endeffekt mehr Frauen zu betreffen scheint. Kleeman wirft immer wieder ethische Fragen auf und diskutiert die Folgen dieser technischen Innovationen für die Menschheit. Damit bleibt sie aber auf das binäre Konzept beschränkt und gegendert wird auch nicht wirklich, was aber auch an der Überetzung liegen kann. Die äußerliche Gestaltung des Buches gefällt mir persönlich gar nicht, allein vom Cover und dem Titel hätte es mich erstmal überhaupt nicht angesprochen. Die Farben sind zu stechend und kontrastarm, dadurch kann man den Klappentext auch nur mit Anstrengung wirklich gut lesen. Es handelt sich bei Roboterland nicht um ein nüchtern dokumentierendes Sachbuch, sondern eher um eine essayistische Reportage. Ich finde es grundsätzlich gut und wichtig auch bei Sachbüchern Thematiken nicht einfach nüchtern darzustellen, sondern kritisch von mehreren Seiten zu bleeuchten und die Leser*innen zum eigenen Nachdenken anzuregen. Hier hatte ich persönlich aber das Gefühl, die Autorin würde mir ihre Meinung nahezu aufdrängen und bietet nicht genug Raum, mir meine eigene bilden. Außerdem waren mir einige Formulierungen zu wertend und ihre Herangehensweise zu voreingenommen. Diese skeptische Grundhaltung war mir an vielen Stellen zu dominant. Die Meinung der Autorin wird den Leser*innen so präsentiert, dass sie diese vorgefertigt übernehmen können, ja scheinbar sogar sollen. Das war teilweise sehr nervig und störend, da ich mir gerne erstmal selbst einen Eindruck von den Dingen mache, ohne lautstark von Autor*innenmeinungen beschallt zu werden. „Technik entmenschlicht uns.“ So lautet am Ende Kleemans These und diese kritische distanzierte Haltung zieht sich durch das ganze Buch. All die technischen Erfindungen erscheinen als Lösungen für Probleme, die widerrum aber erst durch die Technik selbst geschaffen wurden. Sie packen das Problem nicht an der Wurzel, sondern sind nur Ausweichmethoden auf eine nächste technische Größe, die den Menschen immer mehr von sich selbst entfremden und ihm seiner Verantwortung entziehen. Kleeman sieht die Lösung im Menschen selbst, der sich verändern muss, um die Probleme selbst zu lösen, statt auf die Macht der Technik zu vertrauen. Denn auch hinter diesen scheinbar menschenfreundlichen Innovationen stecken Menschen, die nicht immer nur das Beste für alle wollen, sondern mit Egoismus und Profitgier an die Sache herangehen. Mit ihrem Buch hat Kleeman deutlich gemacht, welche ethischen Dilemma und Problematiken die technischen Innovationen nur verstecken und teilweise verstärken, statt sie grundsätzlich zu lösen.

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TW: Tokophobie, Missbrauch Menschengleiche Sexroboter, im Labor hergestelltes Fleisch, Embryos in Zip-Lock-Beuteln, der perfekte selbstbestimmte Tod: Themen, die uns in der Zukunft vermutlich noch viel beschäftigen werden. Jenny Kleeman greift diese auf, trifft sich mit Erfinder:innen, Expert:innen, Aktivist:innen und fasst dies alles in dem Sachbuch "Roboterland" (übersetzt aus dem Englischen von Petra Pyka) zusammen. Sachlich bleibt Kleeman dabei aber eher selten. Die interviewten Personen kriegen meist sehr kritische Fragen gestellt, deren Antworten in den einzelnen Kapiteln des Buchs weiter analysiert und oft mit viel Meinung der Autorin kommentiert werden. Für meinen Geschmack ein bisschen zu viel Meinung, gerade, wenn roboter- und/oder technik-affine Menschen als Nerds bezeichnet werden und der Kontext erkennen lässt, dass diese Bezeichnung einen Beigeschmack mit sich bringt. Oft hatte ich persönlich beim Lesen das Gefühl, dass Kleeman die Personen, mit denen sie gesprochen hat, entweder nicht ernst genug nimmt oder in ein negatives Licht stellen will. Vielleicht ist es der Übersetzung geschuldet, doch es gab Stellen im Text, die sprachlich nicht gut gewählt waren, bspw. wenn die Unterschiedlichkeit bestimmter Kunden mit "hetero, schwul, jung und alt" beschrieben oder auch viel zu inkonsequent gegendert wird. Da klingeln bei mir sehr schnell die Alarmglocken und in meinem Kopf ruft es laut "Achtung, binäres Geschlechtersystem!". Und wo wir schon bei sprachlichem Ausdruck sind, möchte ich auch die Definition der Tokophobie, die im 3. Kapitel kurz angesprochen wurde, kritisch betrachten. Kleeman erklärte: "Tokophobikerinnen, die sexuell missbraucht wurden und dadurch unter krankhafter Angst vor Schwangerschaft und Geburt leiden: Frauen, die sich verzweifelt Kinder wünschen, aber die Vorstellung unerträglich finden, sie auszutragen." Diese Beschreibung macht für mich durch den Doppelpunkt nicht stark genug deutlich, dass die Angst vor Schwangerschaft und/oder Geburt auch aber nicht nur durch das Trauma sexuellen Missbrauchs ausgelöst wird. Letzteres wird meist als sekundäre Tokophobie eingestuft, wobei die primäre Variante bei betroffenen Personen schon ein Leben lang besteht und nicht durch ein Trauma hervorgerufen wurde. [Dazu vielleicht auch noch: Es gibt nicht nur Frauen, die schwanger werden können, weshalb ich mir bei 'Tokophobikerinnen' sehr das Gendern gewünscht hätte.] Alles in allem waren die Themen, die in "Roboterland" angesprochen wurden, sehr spannend und das Lesen hat eindeutig zum Nachdenken angeregt, inwieweit ich selbst solche technischen Entwicklungen befürworten oder ablehnen würde. Aber ich rate jeder Person, die das Buch zur Hand nehmen möchte, es vielleicht nicht an einem Stück zu lesen und sich auch nicht zu sehr von der Meinung der Autorin beeinflussen zu lassen.

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