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Rezension zu
Der tiefe Staat

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gefahren für die Demokratie

Von: Michael Lehmann-Pape
10.03.2016

Eine steile These ist es, die Jürgen Roth seiner Untersuchung „des Staates“ zu Grunde legt. Das rechts gerichtete, nationale Überzeugungen und konservative politische Haltungen mitsamt einer relativ großen „Schnittmenge“ auch zum rechtsradikalen Bereich mehr und mehr die zivilgesellschaftliche Demokratie in Deutschland unterwandern und die Linien der Verfassung (wohl bewusst) damit untergraben. Eine „vergiftete Atmosphäre“ konstatiert Roth, die von sozialer Kälte, rassistischer Gewalt, Demokratientleerung und Bürgerwut mehr und mehr auch primär geprägt wird. „Erinnerungen an die Dreißiger Jahre werden zwangsläufig wach“. „Und es ist nur eine Frage der Zeit, wann wieder die ersten Todesopfer zu beklagen sein werden“. Markige Sprüche und eine angedeutet Verbindung hinein in den Beamten- und Staatsapparat, die Roth vorwegstellt, die er aber, das sei vorweg gesagt, in der durchaus interessanten und fundierten Lektüre nicht unbedingt stringent verfolgt oder klar beweist. Eher bietet das Buch zum einen ein Aufgreifen einer öffentlichen Meinung, die sich, da beobachtet Roth ganz recht, mehr und mehr enthemmt Bahn bricht und auch laute „Erinnerungen“ an KZ, „an die Wand stellen“, „Verbrennen von Asylanten“ und vieles mehr scheinbar ungestraft (wieder) salonfähig werden lassen. Falls dies jemals eben „nicht salonfähig“ gewesen sein sollte. Denn Roth verfolgt im Kern des Buches die Entwicklung rechtsradikaler Haltungen und Tendenzen nach dem zweiten Weltkrieg und dem Ende des Nazi-Regimes in Deutschland nach. Zeigt dabei auf, wie viele der Protagonisten mit fast ungebrochenen Biographien auch die neue Bundesrepublik mit prägten und wie seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts diese „überwunden“ geglaubten Haltungen mehr und mehr wieder öffentliche Stimme wurden und öffentliche Stimmungen bis hin zu politischen Überzeugungen wieder beeinflussten. Von der NPD hinien in „klerikal-konservative Kreise“ (gemeint ist die CSU) bis hin zu wieder offen auftretenden rechtspopulistischen „Politikern“ aktuell bei der AFD. Das ist durchaus interessant zu lesen, denn der „Rechtsruck“ auch etablierter Parteien, die Sorge vor dem Verlust von Wählern, die Verschärfung „national gerichteter“ Gesetze, all dies ist ja aktuell zu erleben und findet im Buch einen stringent recherchierten Hintergrund im Blick auf die Geschichte rechtspopulistischer Meinungen, Haltungen und Ziele vor allem seit Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Mannigfaltig sind dabei die Beispiele, die Roth anführt und an denen er, durchaus mit gewichtigen Argumenten, auch festmacht, dass „auf dem rechten Auge“ nicht selten eine gewisse systembedingte Blindheit zu konstatieren ist. Daraus allerdings abzuleiten, dass ein „tiefer Staat“ bereits am Ende der Demokratie „arbeitet“, das geben die Schlussfolgerungen Roths nicht wirklich her. An jenen Stellen im Buch wird es dann doch ein wenig auch nebulös und verliert sich in Andeutungen, die es an notwendiger Klarheit und vor allem an überzeugenden Belegen fehlen lassen. Wie tief nun aber rechtsradikale, rechtspopulistische, auch rassistische Haltungen „in der Mitte der Gesellschaft“ sich in Deutschland „erhalten“ haben, wie erkennbar bei genauerem Hinsehen deren Umtriebe seit Jahrzehnten bereits sind, dafür liefert Roth vielfache und oft augenöffnende Beispiele, welche die Lektüre des Buches durchaus lohnen und so manches an gegenwärtiger politischer und sozialer Entwicklung nachvollziehbar aus einer „durchgehenden historischen Linie“ her erklären. Auch wenn jene „heimlichen Strukturen eines „Staates hinter dem Staat“ sich aus der Lektüre des Buches nicht zwingend ergeben.

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